Meine Reise des Hörens:

Ich bin im Oktober 2009 geboren und ziemlich schnell hat sich herausgestellt, dass ich nahezu gehörlos bin. Nach einigen Tests in der Uniklinik in Marburg (sog. Bera-Messungen) hatte sich der Anfangsverdacht leider bestätigt. Das bedeutet, dass ich bei einem Hörtest mit 100 Dezibel (das entspricht der Lautstärke eines Drucklufthammers in 1m Entfernung) meinen Mittagsschlaf unbeirrt fortsetzen konnte.  

 

Marina mit Hörgeräten

Zunächst wurde ich hörgerätversorgt damit ich bis zu meiner Implantation von sog. Cochlea-Implantaten einige wenige Geräusche von meiner Umwelt wahrnehmen konnte. Ganze Wörter oder Sätze konnte ich damit jedoch nicht hören, auch nicht meinen Namen wahrnehmen.

Mit Beginn der Hörgeräteversorgung bekam ich eine Hör-Früh-Förderung. Hierzu kam jede Woche eine Therapeutin zu uns nach Hause um mir und meinen Eltern zu zeigen, mit welchen Mitteln meine Aufmerksamkeit geweckt werden kann. Heute kommt mich die Therapeutin regelmäßig im Kindergarten besuchen.

 

Mit 14 Monaten war es dann endlich soweit. Nach einigen Voruntersuchungen wurde mir in Marburg in einer 6-stündigen Operation auf der rechten Seite mein erstes Cochlea-Implantat eingesetzt. Mit 17 Monaten folgte die Operation für die linke Seite.

Marina nach OP

Nachdem die Narbe verheilt war, konnte noch vor der zweiten Operation das Gerät der rechten Seite eingeschaltet werden. Das war ein aufregender Moment für alle. Das erste mal etwas hören. Plötzlich war meine Rassel nicht nur ein Gegenstand, ich konnte sie hören.

 

Seit dem ersten Einschalten habe ich viel Spaß am Hören und fülle nach und nach meine Hör-"Schubladen". Um das Hören zu erlernen bin ich 3-4 mal im Jahr in Friedberg in einer 3-Tages-Reha. Dort haben alle Kinder Implantate und wir üben zu horchen. Ein wichtiger Bestandteil ist der Hörtest und die optimale Einstellung der Geräte.

  

 

Marina Hörtest

Leider kann ich bis heute nicht sprechen und somit bei einem Hörtest auch nicht sagen, wenn ich ein Geräusch gehört habe.

Daher musste ich mit meinen Therapeuten erst einmal üben, eine Reaktion zu zeigen, wenn ich etwas gehört habe. Das war manchmal so anstrengend, dass ich während des Hörtests einfach eingeschlafen bin.

Heute kann ich sehr gut Richtungshören, lausche nach allen Geräuschen und finde alles was ich höre interessant. Am liebsten höre ich Musik, klimpere auf dem Keyboard oder wippe im Takt wenn der Opa Gitarre oder die Mama Klavier spielen. Mittlerweile sitze ich bei den Hörtests ganz alleine auf dem Stuhl und fange immer an zu grinsen, wenn ich einen Ton höre. Nur leider spreche ich nicht und kann daher meine Bedürfnisse nicht äußern. 

 

 

Meine Mama sagt: „Hören kann Marina sehr gut, jetzt üben wir verstehen!“

  

Damit ich mit meiner Umwelt kommunizieren lerne, üben wir zu Hause, im Kindergarten, bei Oma und Opa, einfach überall mit Hilfe von Bildkarten mir die Möglichkeit der Mitteilung zu geben. So kann ich heute schon mit Hilfe der Karten <essen> und <trinken> zeigen, ob ich Hunger oder Durst habe.

Vielleicht werde ich lernen eigene Entscheidungen zu treffen, ob ich schaukeln oder spielen möchte, ein Nutella- oder Käsebrot, oder vielleicht doch lieber ein Ei? Aber bis dahin dauert es noch eine ganze Weile.

 

 

 

 

 

Wenn ihr wissen wollt, wie es sich mit einem Cochlea-Implantat anhört, könnt ihr euch das hier anhören (Demo elektrische Stimulation). 

[Quelle: Universitätsklinikum Frankfurt, www.kgu.de]